Regeln im Dojo: wichtig oder unnötig? (Teil 2)

Diesmal stehen die Themen Respekt und Pünktlichkeit am Programm.

Eigentlich selbstverständlich, aber im täglichen Unterricht erlebe ich immer wieder, dass sich einige darüber zu wenig Gedanken machen bzw. sich nicht entsprechend verhalten.

3) Respekt

Ähnlich wie Achtung, Wertschätzung oder Ehrerbietung bedeutet Respekt die „anerkennende Berücksichtigung des Wertes“ von etwas oder jemanden.

Er bildet die Grundlage eines gemeinsamen Trainings und sollte sich sowohl in der Kommunikation als auch im Verhalten stets widerspiegeln.

…gegenüber Ausbildern/Lehrern

Sie verbessern das Können und die Leistung jedes einzelnen und steigern dadurch u.a. die Sicherheit und das Selbstwertgefühl.

Sie alle bemühen sich, fair, geduldig, verständnisvoll sowie hilfsbereit zu sein und nehmen sich auch die Zeit, auf Fragen, Wünsche und Anliegen einzugehen.

…gegenüber fortgeschrittenen Schülern

Diese trainieren schon länger und haben dadurch wesentlich mehr Zeit, Anstrengungen und Energie investiert als du.

Dadurch sind sie erfahrener und du kannst immer von ihnen lernen.

…gegenüber Mitgliedern, die noch nicht so weit sind oder langsamer vorankommen.

Nicht jeder lernt gleich schnell, das Bewegungstalent bzw. die körperlichen Fähigkeiten sind unterschiedlich – und manchmal sind auch private oder berufliche Herausforderungen die Ursache, dass der WingTsun-Fortschritt stockt oder langsamer voranschreitet.

Dennoch geben alle ihr Bestmögliches und jeder Vergleich ist daher völlig unnötig.

…gegenüber Trainingspartnern

Dein Gegenüber stellt sich dir zur Verfügung, damit du üben, lernen, auszuprobieren und dich verbessern kannst.

Daher ist es völlig unnötig, wenn du deinen Trainingspartner kritisierst, ausbesserst oder ständig demonstrierst, wie gut du selbst bist und was du schon kannst.

Auch gegen ihn zu arbeiten, absichtlich steif zu machen oder seine Ausführung zu (be)hindern ist mehr als unsportlich bzw. unkollegial.

…gegenüber anderen Stilen bzw. ihren Lehrern/Meistern.

Jeder, der eine Kampfkunst erlernt, investiert viel Lebenszeit, Geld und Energie, unabhängig, welcher Stil das ist. Dieses konstante Üben und Trainieren verbindet uns auch alle und sollte immer im Vordergrund stehen. t.

Zudem ist jeder Kampfsport nur so gut wie derjenige, der ihn ausübt, d.h. WingTsun ist nicht besser oder schlechter als z.B. Karate, Judo, Aikido, usw., es hat lediglich andere Zugänge bzw. wurde für einen anderen Zweck entwickelt.

4) Pünktlichkeit

Tugend (der Könige) oder Pedanterie?

In Lateinamerika zum Beispiel oder auch in südlicheren Ländern ist immer noch pünktlich, wer zu einem Termin etwa eine Stunde später erscheint – more or less.

Bei uns hingegen wird Pünktlichkeit definiert als das präzise Einhalten eines vereinbarten Zeitpunktes oder Termins – und dennoch kennen fast alle das „akademische Viertel“ oder die „speziellen 5 Minuten“.

Wie pünktlich ist nun aber pünktlich?

Abhängig ist dies von der Art der Veranstaltung bzw. des Termins:

  • Bei einer privaten Einladung oder im Freundeskreis ist eine geringe Verspätung sicherlich vertretbar…
  • Bei Geschäftsterminen oder z.B. einem Vorstellungsgespräch ist das rechtzeitige Erscheinen jedoch eine Selbstverständlichkeit…
  • Andererseits ist ebenfalls unpünktlich, wer zu einer Veranstaltung mehr als 10 Minuten zu früh kommt.

Warum sind Menschen nicht pünktlich – und warum sind es fast immer die selben?

Jeder war schon mal zu spät dran, doch es gibt auch notorischen Zuspätkommer, die regelmäßig unpünktlich sind.

Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Falsche Selbsteinschätzung…
  • Anderes Zeitgefühl…
  • Mangelndes Zeitmanagement…
  • Verschobene Prioritäten…
  • … und noch einiges mehr.

Was bedeutet also Unpünktlichkeit?

Zu spät Kommen ist nicht nur unhöflich, störend und zeigt meist auf, dass etwas anderes wichtiger war; wenn eine bestimmte Toleranzgrenze überschritten wird, kann dies sogar als respektlos bzw. beleidigend wahrgenommen werden.

Wiederholt sich dies bei immer denselben Personen, so ist dies, ganz klar gesagt, kein „Schicksal“, sondern unverschämt und eine – more or less – subtile Form von Arroganz.

„Eine Wiederholung lässt sich entweder gewollt vermeiden – oder ist eine bewusste Entscheidung“.

Pünktlichkeit in der Win(g)Tsun Schule Donaustadt

Alle Mitglieder sind einige Minuten vor dem offiziellem Unterrichtsbeginn bereits im Trainingsraum und beginnen selbständig, jeder für sich, mit dem Üben der jeweiligen Form: SiuNimTao, ChamKiu oder BiuTze.

Dies kommt einem Aufwärmen bzw. Einstimmen auf den folgenden WingTsun-Unterricht gleich, demonstriert Selbstdisziplin und zeigt den Willen auf, selbständig und eigenverantwortlich zu üben (= KungFu: Arbeit an sich selbst).

Wenn es dennoch (auf Grund von unvorhersehbaren Ereignissen oder berufsbedingt) ausnahmsweise vorkommt, dass eine Verspätung nicht zu vermeiden war:

  1. ruhig und leise den Trainingsraum betreten…
  2. selbständig mit der Form beginnen…
  3. warten, bis der Lehrer zu dir kommt und die Zuteilung zu einer Trainingsgruppe vornimmt.

Sifu Martin

PS: Wird mit den Werten „Wertschätzung“ und „Bescheidenheit“ fortgesetzt :-)!